Alles richtig gemacht…

Mein heutiger 2. Marathonlauf macht mich trotz der „schlechteren“ Plazierung als bei meinem Sie vor 2 Jahren, viel glücklicher. Ich habe mir insgeheim hohe Erwartungen gesetzt und diese dann auch noch übertroffen.

Am Samstagabend haben wir in der „runningpower“- Trainingsgruppe und mit engen Freunden eine gemütliche Nudelparty gemacht und über die geplanten Zeiten und Taktiken gesprochen. Die Marschtabelle, welche ich mir schon am Freitag ausgedacht hatte, war natürlich weit unter dem, was ich in der Presse als Zielzeit angegeben hatte. So hatte ich mir die Sicherheit aufgehoben, auch bei einem Einbruch die Erwartungen der Dresdner zu erfüllen. Auf der Tabelle stand als erster Kilometer 3:23-3:26min. Auf 10km 33:53-34:20. Auf Halbmarathon 71:30 bis 72:30 bei Marathon 2:21:59-2:24:59. Also entweder am Ende eingehen oder richtig was draufpacken. Erik Hass (PB 2:21:39 Berlin 2009 marathonscene.com) gab mir gestern abend den entscheidenden Tipp auf jeden Fall langsamer anzugehen. Alle großen Marathonläufe werden mit einem leichten Negativ-Split gewonnen. Also setzte ich mich im Kopf auf die 72:30 fest.

Für die Ernährung war ich der Experte. Von letztem Sonntag bis Dienstag wendete ich die Saltin-Diät an und leidete mental unter dem Kohlehdratmangel. Wie ein Süchtiger stürzte ich mich dann am Mittwoch auf den All-you-can Nudel-Teller in der Alten Mensa. Die Wettkampfernährung für Sonntag war wetterabhängig geplant. Durch die kühlen Temperaturen würde ich nicht so viel Schweiß verlieren wie sonst, weshalb ich meine Vitargo-Getränke etwas konzentrierter anmischte. Angewärmt natürlich…Kaltes auf kühlen Magen ist nur suboptimal. Insgesamt hatte ich 2,5 Liter für Christians Halbmarathon und meinen Marathon angemischt. Dazu hatte ich Marc in seinen Radrucksack noch 5 Gels gesteckt. Die sollte es ab Kilometer 25 geben und mit Wasserbechern runtergespült werden. Letztendlich haben mich die Getränke und Gels neben den Zuschauern über die Strecke gebracht. Zirka 1-2 Minuten nach jeder „Mahlzeit“ spürte ich den deutlichen Temposchub in den Beinen. Das war auch der Grundstein, mein Tempo bis zum Ende zu halten und noch zu beschleunigen.

Der Wettkampftag: Gegen 24 Uhr konnte ich langsam aber relativ konstant durchschlafen, die große Aufregung, wie vor der 2009er Premiere kam erst am Morgen. 7:15 weckte mich meine innere Uhr. 2,5h Stunden vorm Start gab es dann 2 leckere Nudossi-Brötchen (schon oft getestet und als wettkampftauglich eingeschätzt) und Tee. Mit Ankleiden, Dehnung, Rumpfkrafttraining, Getränkemischen und letzten Infos im Internet sowie mit Marc checken, verging die Zeit bis 9:15 wie im Flug. Nur in Wettkampfkleidung und Wärmeüberzieher ging es mit der Strassenbahn bis kurz vor Start. Ich wollte bewußt knapp losfahren, um nicht unnötig herumzustehen. 9:45 war dann Treff mit den Begleiträdern. Vielen Dank hier an Marc und Gunter….ihr habt einen super Job gemacht!!! Nach gefühlten 100 Handschlägen mit Laufkollegen hieß es schon „zehn…neun….“

Ich wollte von Anfang an Ideallinie laufen. Also schön rechts halten und einordnen. Jeden Kilometer dünnte sich unsere Startgruppe immer mehr aus. Beim 10km Abzweig war es dann endlich übersichtlich. Die Kilometer waren konstant bei 3:23…und durch den doch schnelleren Anfang immer 10-15sek unter Marschtabelle. Die beiden angekündigten Kenianer schwankten mit ihren Kilometerzeiten so 5-7 Sekunden, sodass ich mal dran war und dann wieder abreißen ließ. Vor Kilometer 30 war rein rechnerisch jeder Kilometer unter 3:20 Gift für mich. Ich fühlte mich zwar nicht so, aber metabolisch liegt man da immer „Oberkante Unterlippe“ wenn man im Marathon die aerobe Schwelle überschreitet. Christian machte einen super Job im Windschatten geben, Tempo machen und Abbremsen. Das Rennen sollte erst bei Kilometer 30 losgehen. Wir teilten uns die Trinkflaschen und genossen den Lauf und die Anfeuerungen. Ab Kilometer 15 musste Christian dann schon mehr beissen und gab mir trotzdem einen guten Schritt vor. Wir waren mit den beiden Kenianern eine gutes Führungsquartett. Bei Kilometer 18 war ich durch meine gute Streckenkenntnis und Kurvenschneiderei sogar kurz 5m in Führung, stoppte mich aber sofort wieder. Als Christian abbog war ich auf dem längsten Gegenwindstück bis zur Goetheallee auf mich alleine gestellt.

Nachdem der Halbmarathon in 71:37 absolut auf der Marschtabelle lag, zogen die Kenianer an, wie es Jens Borrmann 2009 getan hatte. Ich wollte und konnte mich davon nicht beeindrucken lassen, musste meinen eigenen Stiefel rennen. Auf der Hausdauerlaufstrecke galt es nun die Waage zwischen Tempo und Lockerheit zu bewahren. Ab Kilometer 24 spürte ich jedoch schon feste Muskeln. Eher als 2009. Das Rennen sollte hier richtig beginnen. Ich sagte mir…“Ruhe bewahren“ zutschte ein Gel aus…und versuchte den Schritt zu halten. Die Kenianer in Sichtweite. Taktisch gesehen durfte ich aber nicht heranrennen, sonst würden die beiden noch mehr beschleunigen und mich kaputtlaufen. Am Fetscherplatz…Kilometer 29 war die Stimmung super….ich war wieder locker. Aber gleich bei Kilometer 30 war ich wieder fester…..weil ich 3:16 pro Kilometer lief…die Jagdsaison war eröffnet. Im Kopf spulte ich nun meine Tempodauerläufe im Großen Garten ab, welchen ich nun überrundete. Die motivierende Getränkestelle der befreundeten Triathleten vom TV Dresden war das nächste Highlight….erste Tränen flossen über mein Gesicht. Hier hatte ich 2009 die ersten Krämpfe bekommen. Diesmal war ich genauso fest…aber 15 sek schneller pro Kilometer und ZUM GLÜCK KEINE KRÄMPFE.

Die Hauptallee rollte es wieder und ich musste mich sogar bremsen. 7 Kilometer konnten sehr lang werden. Das 4. und letzte Mal am Fetscherplatz war die Stimmung am Überkochen. So kurz vorm Ziel hatte mich niemand so nah (ca 60-80 Meter ) hinter den Kenianern vermutet. Mir ronnen beim Abbiegen aus dem Platz die Tränen übers Gesicht. Solche Freudentränen hat man ganz selten (und sie beschreiben den Grund meiner Laufferei). Noch 5 Kilometer…ich rannte schnelle, aber auf dem Zahnfleisch. Die Kenianer drehten sich nun doch schonmal um. Ich wußte, einer rennt vieleicht am Limit, sonst wären sie schneller oder einer enteilt.

Dass ich auch am Limit war, merkte ich in den Kurven: Koordination ist etwas anderes. Und der technisch anspruchsvollste Teil der Strecke stand jetzt zum 2. Mal bevor: 2 Bücken mit Zu- und Abbringern sowie zu überholenden Halbmarathonies. Nun sah ich bei Kilometer 40, wie sich ein Kenianer absetzte. Der 2. war mein Ziel, wie der Löwe die schwächste Gazelle zum Jagen auswählt (das ist jetzt wirklich nur metamophorisch gemeint). Am Scheitelpunkt der Augustusbrücke hatte ich ihn mir zurechtgelegt und griff mit letzter Kraft an, um möglichst schnell sowie einschüchtern zu überholen. Ich war vorbei. Aber das Rennen war noch nicht zu Ende.

Der letzte Kilometer war wie im Tunnel Anfeuerungsrufe, Lautsprecherdurchsagen,Gekreisch.. überall PAUL. Und über uns die glänzend blendende Sonne. Eine theatralische Stimmung…und der 2. Rang zum greifen nah. Der Sieg war nie das Ziel…der 2. Platz um so überraschender. Bei 2:22:06 blieb die Uhr stehen.

Die letzten 10 Kilometer war ich unter 33 Minuten gelaufen und hatte mich selbst und alle im Ziel überrascht. Alle überglücklich ….Asante sana …..Kiswahili für „Danke“ an die Kenianer und alle an und auf Strecke, die mich zu der Bestzeit, über 10 Minuten unter meiner alten, getrieben haben. Die Stimmung im Anschluss bei Interviews und Siegeehrung war der Wahnsinn. So viele Freunde und Bekannte…alle haben gefeiert…..Wir haben Dresden gerockt .

Hier der Link der GPS-Aufzeichnung von Marc als Radbegleiter: http://connect.garmin.com/activity/123679251

 

Ich leg jetzt die Beine hoch. (Endschuldigt etweilige Rechtschreibe- oder Grammatikfehler, das geht jetzt ohne Prüfung raus, direkt von der Seele geschrieben

 

Pressemeldungen:

http://www.sz-online.de/nachrichten/artikel.asp?id=2895458

http://www.sz-online.de/nachrichten/artikel.asp?id=2894944

 http://www.dnn-online.de/dresden/web/regional/sport/detail/-/specific/Der-Kenianer-Cheruiyot-gewinnt-den-13-Dresden-Marathon-2538625361

 

http://www.bild.de/regional/dresden/dresden-regional/kenianer-cheruiyot-gewinnt-dresdenmarathon-20603488.bild.html 

 

schon fest bei KM 37

4 Antworten

  1. Grit sagt:

    Herzlichen Glückwunsch! :-) Das mit den Freudentränen kenne ich & selbst beim Lesen deines sehr anschaulichen Berichts bekomme ich gleich feuchte Augen.
    Genieß deinen Erfolg & erinnere dich immer an diesen Tag, wenn es im Training mal doof läuft!
    Gute Erholung und liebe Grüße
    Grit

  2. Alex sagt:

    Hallo Paul, klasse Lauf von Dir gestern. Die Stimmung bei deinem Zieleinlauf war phänomenal. Geniesse den Erfolg, lass etwas Ruhe einkehren und dann auf ein Neues!!
    Viel Erfolg weiterhin…
    Grüße aus Nordsachsen

    Alex

  3. Benjamin sagt:

    Hi Paul,

    ich bin am Sonntag für ImNu bei den Spitzenläufern mitgefahren. Hab bei der Verteilung zwar „nur“ den ersten Halbmarathon-Mann erwischt, war aber auch eine schöne Sache. Hatte hier vorher gelesen, dass du eine Zeit unter 2:27 planst. War dann umso überraschter und hab mich gefreut, als du schon nach 2:22 ankamst. Schön zu sehen, dass bei den ganzen Kenianern sich ein Dresdner unter die ersten Plätze mischt.

    Herzlichen Glückwunsch und gute Regeneration!
    Benjamin

  4. Katja sagt:

    Herzlichen Glückwunsch!! Super gemacht und dann noch so ein toller Bericht hinterher. Danke! :-)))