Automobil vs. Luxusartikel Sport

Obwohl ich kein Soziologe bin, interessieren mich, wie vielleicht auch jene, mit denen man zusammentrifft oder die die folgenden Zeilen lesen, die etwas andere Sicht auf das Leben eines Leistungssportlers und seiner Gedanken. Eines Leistungssportlers mit Amateurgedanken. Leistungssport ist ein absoluter Luxus den man sich leistet. Ohne Statistiken zu kennen, möchte ich behaupten, dass mehr als 90% derer, die auf leistungssportlichen Niveau (+400 Trainingsstunden pro Jahr) trainieren, keinen finanziellen zeitbezogenen Nettogewinn machen, der ihren individuellen beruflichen Stundenlohn übersteigt. Ich möchte sogar soweit gehen, dass ein Großteil auch ohne die theoretisch weggefallene Arbeitszeit, einen finanziellen Verlust erleidet. Doch er ist gut investiert. 

Ich möchte kurz eine andere potenziell Investition subjektiv illustrieren:

Jüngst wurde in einer Tageszeitung das Statussymbol Auto als veraltet erklärt. Die Prestigewirkung des Benzin fressenden, Xenon blendenden SUV-Metallmonsters verblasst mit dem Bierbauch hinter dem Lenkrad. Ein großer Teil der Bevölkerung hat sich vom Automobil leider abhängig gemacht. Durch die zuvor gewählten Lebensumstände gerät der Autofahrer in die psychische und körperliche Abhängkeit. Die psychische Bequemlichkeit und die körperliche Unfähigkeit, Lasten (das Körpergewicht eingeschlossen)  über eine bestimmte Strecke ohne schwerwiegende gesundheitliche Schädigung  fortzubewegen. Durch diese Abhängigkeit wird die Anpassung der Umwelt an das Automobil durch Strassenverbreiterung und wohnungsnahe Parkplätze unterbewusst  gefördert. Die Idee, sein Auto zur Überlistung der Bequemlichkeit, gleich einen Kilometer entfernt zu parken, wird selten umgesetzt. 

Persönlich verweigere ich mich vor der Luxusabhängigkeit des eigenen zu 99% der Zeit herumstehenden Automobils. Noch. 

Aber ich gönne mir den Luxus Leistungssport. Zusammen mit dem Luxus Zeit. Dieser Tage stellt sich der Kontrast besonders scharf da. Wenn die Blechkolonne hektisch durch die Strassen im Stop and Go rutscht, gleite ich auf Langläufern entlang der Wiesen des Gr0ßen Gartens und ärgere mich etwas, für -15°C mit der 3. Funktionsbekleidungsschicht doch zu warm angezogen zu sein. Man muss sich nur eingestehen, dass man sich auch mal gerne ärgert. 

Anstatt des ausgedienten Statussymbol Automobil genieße ich den Sportlerstatus. Mein Topspeed, Reichweite und Verbrauch sind online vergleichbar. Die Bewegungseleganz und Form direkt wahrnehmbar. Meinen höheren Energieverbrauch bezahle ich gerne und ergötze mich am Volltanken.

Was genießt ihr?

 

 

Eine Antwort

  1. Samuel Wanjiru sagt:

    Ein ausgezeichneter Artikel, der mit rhetorischer Gewandtheit und inhaltlichem Zutreffen brilliert.

    Bezugnehmend auf die Abschlussfrage so treibt mich eine andere Motivation zum Leistungssport:
    Es ist nämlich die komplexe Herausforderung etliche Faktoren in Einklang miteinander zu bringen, die ein solches Leben (und eine sportliche Entwicklung) überhaupt ermöglichen:
    Die Einheit muss geplant, in den jeweiligen Tag sinnvoll eingebettet werden und daran gekoppelt sind Bedürfnisse wie die Aufnahme qualitativ hochwertiger Nahrung und entsprechende Regenerationsphasen (jedes Training ist nur so gut wie seine Pause^^), die den Effekt des Trainings nochmal erhöhen.